informatives

Herzlich willkommen im Unordnungsamt


Ganz allgemein gesprochen ist Unordnung lediglich die Abwesenheit von Ordnung. Weniger wohlmeinende Definitionen würden sie wohl so beschreiben: Sie ist ein physikalisch, dynamisches System, das es nicht ganz geschafft hat ein richtiges Chaos zu werden. Bei genauerer Betrachtung stellt sich aber heraus: Im Grunde ist egal, wie groß das Ausmaß der Unordnung ist. Letztendlich ist es immer Chaos; nur eben in großem oder kleinem Maßstab. Chaos ist gleich Unordnung, wie Unordnung gleich Chaos ist. Nun stammt der Begriff Chaos jedoch aus dem Griechischen und wird übersetzt mit ‚die weite Leere‘ oder auch ‚das unendliche Nichts‘, in dem – wie die Übersetzung das schon nahelegt – Nichts existiert. Es ist sozusagen das Gegenteil des Kosmos, in dem ja bekanntlich Alles existiert… bis, natürlich, auf die Dinge die nicht existieren. Doch mit Nichts kann der Kosmos ebenfalls in größerem Ausmaß aufwarten. Zwischen all den Sternen und Galaxien gibt es unheimlich viel davon. Der geniale Douglas Adams hat, mit seiner kosmischen Trilogie in fünf Bänden „Per Anhalter durch die Galaxis“, wohl die einleuchtendste Analyse dazu vorgelegt. Und da ich mir diesen Text hier nicht gänzlich allein aus den Fingern saugen möchte, zitiere ich jetzt erst einmal ausgiebig.


Das Universum – einige Informationen, die Ihnen das Leben dorterleichtern können:


Ausdehnung: Unendlich


Der Reiseführer (…) bietet folgende Definition für Unendlich:


Größer als das Allergrößte und dann noch ein bißchen mehr. Also, noch viel größer als das; wirklich wahnsinnig kolossal, eine absolut phantastisch lange „echt man, das ist riesig“ Zeit. Unendlich ist einfach so groß, dass im Vergleich dazu das Großsein richtig mickrig aussieht. Gigantisch multipliziert mit kolossal multipliziert mit überwältigend riesig. Das ist ungefähr die Vorstellung, die wir hier begreiflich zu machen versuchen.


Importe: Keine
Es ist unmöglich, etwas in ein unendlich großes Gebiet zu importieren, weil es keine Umgebung gibt, aus der man etwas importieren könnte.


Exporte: Keine
Siehe Importe.


Bevölkerung: Keine


Es ist bekannt, dass es eine unendliche Anzahl von Welten gibt, einfach weil es unendlich viel Raum gibt, in dem sie enthalten sein können. Doch nicht jede von ihnen ist bewohnt. Es muss daher eine endliche Anzahl von bewohnten Welten geben. Jede endliche Zahl, die man durch Unendlich teilt, ergibt fast nichts, was noch ins Gewicht fiele. Also kann man sagen, dass die Durchschnittsbevölkerung aller Planeten des Universums Null ist, und das alle Leute denen man von Zeit zu Zeit begegnet, lediglich das Produkt einer gestörten Phantasie sind. …usw. (Lest die Bücher!)


Wir merken also! Es gibt unendlich viel Nichts in einem unendlich großen Raum. Zwar nicht genauso viel Nichts, wie im Nichts, aber doch immerhin unendlich viel mehr Nichts als man vermuten würde. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich auch noch die Frage aufwerfen sollte, ob es die Dinge, die es im Kosmos nicht gibt, auch im Nichts nicht gibt, oder ob sie, da es sie im Kosmos nicht gibt, im Nichts unbedingt geben muss? Zudem stellt sich eine weitere Frage. Und zwar: Wie ganz genau das Nichts unordentlich sein kann? Anderseits könnte es natürlich auch sein, dass die Dinge, die es im Kosmos nicht gibt, dafür aber im Nichts – sie dort also nicht nicht existieren – und dementsprechend vorhanden wären, infolge dessen auch die Möglichkeit hätten unordentlich zu sein. Wobei wir nun wieder vor der Frage stehen, ob Nichts nun etwas ist oder eben nicht? Mit Rücksicht auf ihre geistige Gesundheit, stelle ich das Fragen an diesem Punkt ein. Im deutschen Vokabular wird Chaos allerdings als Beschreibung der ultimativen Unordnung verwendet. Was beinhaltet, das Etwas, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, auch tatsächlich existiert. Insofern können wir in dieser Hinsicht schon mal ganz beruhigt sein, dass es zumindest nicht Nichts ist. Und es wäre wohl auch angebracht sich an dieser Übersetzung zu orientieren. Sonst müsste dieser Text an dieser Stelle sinnvollerweise in den Wahnsinn abgleiten. In der Wissenschaft beschäftigt sich die Chaosforschung mit der Unordnung. Dort ist sie das Maß aller Dinge. Die Leute, die sich damit befassen, sind meistens Wissenschaftler, die nichts Besseres zu tun haben. Und deshalb haben sie auch genügend Zeit, einen Weg zu ergründen, wie man es schafft, dass Schmetterlinge in China nicht ständig mit den Flügeln schlagen und so all die Wirbelstürme in den USA auslösen.
Diese extrem humorvolle Beschreibung des Tätigkeitsfeldes stimmt natürlich nur in begrenztem Umfang, denn in Wirklichkeit beschäftigt sich die Forschung mit der Struktur der Unordnung. Vielleicht wollen die Wissenschaftler durch ihre Messung von Effekten in dynamischen Systemen einfach nur nachweisen, dass Einstein unrecht hatte, als er behauptete, dass sich Wahnsinn darüber definiert, dass man immer wieder das Gleiche tut und dennoch andere Ergebnisse erwartet. Denn im Grunde läuft es in der Chaosforschung ganz genau darauf hinaus: Gleiche Versuchsanordnung, mit immer anderen Ergebnissen. Ich nehme an, die Forscher denken insgeheim, dass Unordnung vielleicht doch bloß auf Grund eines Mangels an vorhandener Rechenleistung existiert. Es sie demzufolge eigentlich gar nicht gibt und wir einfach nur zu dumm sind, das zu begreifen. Hauptsächlich jedoch scheint es darum zu gehen, zu zeigen, dass je größer das Ausmaß der Unordnung ist, desto geordneter erscheint sie. Eine weitere Denkungsart, die auf anderen Überlegungen gründet, geht davon aus, dass geordnete Systeme immer durch Einwirkung von Außen, oder durch zeitlich bedingten Zerfall ins Chaos abgleiten. Alles also zur Unordnung hinstrebt. Das heißt, was wir für geordnet halten ist es entweder nicht, oder es ist eine zeitlich begrenzte Unregelmäßigkeit. Ausgehend von der Frage, woher die Ordnung kommt, die in Unordnung übergehen kann, und warum es immer wieder neue davon gibt(?), dreht sich diese Theorie darum, dass der Energieaufwand Ordnung herzustellen ungleich höher ist, als Unordnung zu erzeugen und das es dahinter ein, auf das System einwirkendes, Bewusstsein gibt. Das arbeitet den Kreationisten in die Hände und ihrer irrigen Annahme vom ‚intelligent designe‘, zu denen ich mich leider nicht äußern kann, ohne dabei beleidigend zu werden. Verdammte Idioten, die! (Sehen Sie?!)
Forscher, die eine gegenteilige Position zu dieser Annahme einnehmen (und mir allein schon deshalb sympathischer sind) verfolgen einen anderen Ansatz. Hier wird davon ausgegangen, dass die Unordnung sich selbst aus zerfallenden Ordnungen bildet. So wie z.B. Energie im Universum nie verloren geht (Energieerhaltungssatz), sondern einfach in andere Erscheinungsformen transformiert wird, ‚wippen‘ Ordnung und Unordnung permanent in die eine oder andere Richtung um einen ausgleichenden Effekt zu erzeugen. So dass hierbei eine gewisse Regelmäßigkeit von Ordnung und Unordnung in der Abfolge erkennbar ist. So könnten Ordnung und Unordnung gleichwertig nebeneinander existieren. Und nicht nur das: Sie definieren sich nicht nur gegenseitig sondern bewirken einander auch. Und es bedeutet, dass Unordnung auch zur Ordnung strebt.
Wie schön also, dass es in Kalbe nun ein Unordnungsamt gibt, dessen Amtsleiter Marko sich gerne all Ihren Fragen zum Thema stellen wird. Antworten erhalten Sie natürlich keine. Das ist in der Amtsbetätigungsdefinition nicht vorgesehen. Also bestehen Sie bitte auch nicht darauf, sondern begnügen Sie sich damit, sich einen Stempel auf Ihr Formular geben zu lassen, das Allen, die Sie beeindrucken wollen, mitteilt, dass Sie zumindest gefragt haben. ( Natürlich können Sie in dem entsprechenden Formular Ihre Frage ausführlich erläutern, so dass Sie allen zu beeindruckenden Personen, denen Sie begegnen, schriftlich nachweisen können wie intelligent Sie sind und natürlich auch die Chance erhalten, ordentlich und angemessen ehrfürchtig dafür bewundert zu werden.) Denn das Amt steht auch ohne Ihre Besserwisser-Quengeleien schon vor der schwierigen Herausforderung, zu entscheiden, ob sich die bevorstehenden Amtshandlungen auf ein allumfassendes Nichts beziehen sollen, oder auf Etwas, das auch tatsächlich existiert, und demzufolge durcheinander, chaotisch und unordentlich sein kann. Oder ob es seine Aufgabe ist, diesen Zustand erst herbeizuführen. Wir warten mit angehaltenem Atem und gratulieren zur offiziellen Existenz! Willkommen in der Realität!

(Der vorliegende Text erhebt nicht den Anspruch, eine ernsthafte wissenschaftliche Arbeit zu sein. Ich kenne mich in der Materie ganz entschieden nicht aus. Alles was es darin an Thesen und Schlussfolgerungen zu lesen gibt, habe ich mir, wie oben schon erwähnt, aus den Fingern gesogen. Bis auf Jene natürlich, die zufällig stimmen. Das war Absicht: Michael Körner)

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